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Mezzanin-Kapital: Was sind eigentlich Genußrechte?

Erst durch Basel II und jetzt durch die gegenwärtige Kreditklemme werden innovative Finanzierungsinstrumente immer wichtiger. Nachdem wir am Beispiel der stillen Gesellschaft die bilanziellen Zuordnungsprobleme mezzaniner Instrumente betrachtet haben, schauen wir uns heute ein anderes Beispiel für das gleiche Problem an: Die Ausgestaltung und Bilanzierung von Genußrechten.

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Exemplarische Eckdaten einer Genußrechteemission:

Volumen:1,0 Mio. Euro nominal
Agio:5% (d.h. Überpari-Emission wie bei einer Aktie)
Vergütung:
9% p.a. erfolgsunabhängiger Nachvergütungsanspruch für gewinnlose Jahre (was die Zwischenstellung zwischen Fremd- und Eigenkapital unterstreicht: der "reine" Eigenkapitalgeber erhält bei Verlust gar keine Dividende, der Fremdkapitalgeber hingegen stets eine feste Verzinsung)
Darüber hinaus jedoch Verlustteilnahme in voller Höhe
Rangrücktrittsvereinbarung und Verzicht auf Beteiligung am Liquidationserlös bei Auflösung der Gesellschaft
Stimmrechte:keine
Ausschüttung:Jeweils nach Feststellung des Jahresabschlusses (wie bei Eigenkapitalanteilen üblich)
Laufzeit:Mindestens 5 Jahre, darüber hinaus verlängerbar
Genußrechte sind allgemein gesagt Vermögensrechte an einer Gesellschaft, die jedoch kein Stimmrecht umfassen. Genußrechte können durch Genußscheine verbrieft und damit handelbar werden. Sie nehmen, wie die stille Gesellschaft, eine Zwischenstellung zwischen Eigen- und Fremdkapital ein. Sie stellen keine Gesellschafter-, sondern Gläubigerrechte dar. Dennoch gewähren sie regelmäßig einen Anteil am Reingewinn, teilweise auch am Liquidationserlös, so daß sie als Teilhaberverbriefung gesehen werden können. Zumeist ist ferner auch eine Verlustbeteiligung vorgesehen, was ebenfalls für die Eigenschaft als Teilhaberkapital spricht.

Genußrechte eignen sich insbesondere zur Finanzierung von Produktentwicklungen und großen Investitionen. Sie können das Rating der Unternehmung verbessern, was insbesondere mit Blick auf Basel II bedeutsam ist. Dies ist insbesondere auch im Zusammenhang mit Venture Capital häufig.

Der innovative Charakter von Genußrechten offenbart sich auch in den vielfachen und zumeist unkonventionellen Emissionsstrategien wie z.B. Direktvertrieb des emittierenden Unternehmens, das selbst potentielle Investoren anspricht, Fremdvertrieb durch einen Emissionsdienstleister, der nicht unbedingt eine Bank sein muß (also z.B. auch eine Spezialbank oder auch Finanzdienstleister wie ein Vermögensberater sein kann) oder Vertrieb über das Internet, was sehr kostengünstig ist und auch geographisch weit entfernte Investoren ansprechen kann, so daß die Internationalisierung des Unternehmens hierdurch vertieft werden kann. Genußrechte können institutionelle Investoren wie z.B. mittelständische Beteiligungsgesellschaften ebenso wie Privatanleger ansprechen.

Da die Unternehmung die Plazierung selbst unternimmt, sind die Emissionskosten zumeist viel geringer als bei Nutzung "traditioneller" Kanäle. Allerdings hat sich auf diese Art auch ein "grauer" Kapitalmarkt entwickelt, der ganz spezielle Risiken birgt und weitgehend unreguliert ist. Die Eigenplazierung erlaubt in jedem Fall viel nähere Beziehungen zu Investoren. Investor Relations Strategien des emittierenden Unternehmens werden daher wichtiger. In diesem Zusammenhang weiten sich die Offenlegungen finanzieller Daten des emittierenden Unternehmens auch oft über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus aus, um Werbung am Kapitalmarkt zu betreiben.

Für die Bilanzierung von Genußrechten gelten die gleichen Grundsätze wie für die Darstellung der stillen Gesellschaft, d.h. die Genußrechte zählen nur zum Eigenkapital, wenn

  1. die Vergütung des Kapitalgebers erfolgsabhängig ist,
  2. der Kapitalgeber unbeschränkt am Verlust teilnehmen muß, also die Vergütung nicht nur auf eine Teilnahme am Gewinn beschränkt ist,
  3. die Kapitalüberlassung langfristig ist (mindestens fünf Jahre, vgl. analog §10 Abs. 5 KWG) und
  4. Ansprüche bei Insolvenz oder Liquidation gegenüber allen anderen Gläubigern nachrangig sind (also eine sogenannte Rangrücktrittserklärung vorliegt).

Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so müssen die Genußrechte als Fremdkapital behandelt werden. Sie stehen dann einem Darlehen gleich. Die Bilanzgliederung nach §266 HGB enthält keine Position für Genußrechte; diese müßten also ergänzend zusätzlich ausgewiesen werden.

Erzielt das Unternehmen Gewinne, so sind Ausschüttungen auch auf das Genußkapital vorzunehmen. Werden jedoch Verluste erwirtschaftet, so können diese dem Genußrechtskapitalkonto zugewiesen werden, wenn die Genußrechte am Verlust teilnehmen. In der Gewinn- und Verlustrechnung sind sonstige Ertragsposten zu verbuchen ("Erträge aus Verlustübernahme").

Links zum Thema: Mezzanin-Kapital: Grundlagen der Bilanzierung neuer Kapitalarten | Finanzierungsarten: was Du heute kannst besorgen... | Wirtschaftliches Eigenkapital: Ein Beitrag zur Bonitätsbeurteilung | Formelsammlung der BWL (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Aktie", "Basel II Abkommen", "Bilanzgliederung nach §266 HGB", "Dividende", "Emissionskosten", "Genußrechte", "Internationalisierung", "Investor Relations", "Mezzanine-Kapital", "Nennwert", "Rating", "Überpari-Emission", "Venture Capital". [Manuskripte]: "Einführung in das REWE.pdf", "Finanzierung Skript.pdf".
Diese Hinweise beziehen sich auf die zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels aktuelle Version der BWL CD. Nicht alle Inhalte und nicht alle Stichworte sind in älteren Fassungen enthalten. Den tagesaktuellen Stand ersehen Sie aus dem Inhaltsverzeichnis oder dem thematischen Verzeichnis.


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