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Jahressteuergesetz 2008: Kippt die neue Mißbrauchsregelung?

§42 Abgabenordnung (AO) enthält eine grundlegende Auffangvorschrift für mißbräuchliche steuerliche Gestaltungen, die nur der Steuervermeidung dienen. Die nachstehend im bisherigen Wortlaut wiedergegebene Regelung erlaubt es den Steuerbehörden, Gestaltungen des Steuerpflichtigen zu ignorieren, wenn diese einen Mißbrauch des Steuerechts darstellen. Die Finanzämter können in diesen Fällen die Steuer so festsetzen als wäre die Umgehungsgestaltung nicht gewählt worden. Hier hat eine im Jahressteuergesetz 2008 beabsichtigte drastische Verschärfung für erheblichen Unmut im Vorfeld gesorgt.

 
Bisheriger Wortlaut des Mißbrauchsparagraphen:
§42 Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten
   (1) Durch Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Mißbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.
   (2) [...]

Die geplante Neuregelung stellt eine beträchtliche Verschärfung dar. "Ein Mißbrauch", so der neue Satz 2 "liegt vor, wenn eine zu einem Steuervorteil führende ungewöhnliche rechtliche Gestaltung gewählt wird, für die keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe durch den Steuerpflichtigen nachgewiesen werden". "Ungewöhnlich", so weiter, "ist eine Gestaltung, die nicht der Gestaltung entspricht, die vom Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der Verkehrsanschauung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele vorausgesetzt wird".

Der Steuerpflichtige müßte nach dieser Neuregelung jede neuartige steuerliche Gestaltung vorbeugend außersteuerlich begründen oder unterlassen, ein erhebliches Hindernis bei der Anwendung steuerlicher Vorschriften: bisher galt nämlich, daß Lücken in Steuergesetzen durchaus auch zugunsten des Steuerpflichtigen wirken können. Jetzt wären alle künftigen Rechtslücken gleichsam vorbeugend gestopft worden. Kerngedanke hierbei ist der indes sehr unbestimmte Begriff des "steuerlichen Vorteils". Der Bundesfinanzhof legt hierzu in einem bisher unveröffentlichten Beschluß zu Verlustzuweisungsmodellen (IX B 92/07) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob §42 AO verfasssungskonform sei, weil sich der unklare Begriff "steuerlicher Vorteil" weder aus der konkreten Norm noch sonst aus dem Gesetz ergebe. §42 AO könne daher grundgesetzwidrig sein.

Das bisherige aufgeregte Geflatter im steuerrechtlichen Hühnerhof kann sich aber ohnehin schon morgen legen, denn da stimmt der Bundesrat über den am 8. November vom Kabinett abgesegneten Entwurf des Jahressteuergesetzes ab. Und dabei könnte der Entwurf kippen – falls der Bundesrat die Bedenken des Bundesfinanzhofs zur möglichen Verfassungswidrigkeit des unbestimmten Rechtsbegriffs "steuerlicher Vorteil" teilt. Wünschenswert wäre dies allemal – schon alleine um nicht einer neuerlichen steuerrechtlichen Schatzhebeung den Weg zu ebnen. Leider drehen solche Debatten im Bundesrat meist nicht mehr um die zugrundeliegenden Konzepte, sondern nur noch um die Verteilung der steuerlichen Beute. Die Grundlagenkritik muß daher wohl auch hier in Karlsruhe vorgenommen werden – wie beispielsweise schon früher bei der Pendlerpauschale oder der Erbschaftsteuer.

Links zum Thema: Vorausschau auf die Unternehmensteuerreform 2008 | Niedersächsisches Finanzgericht: Kürzung der Pendlerpauschale grundgesetzwidrig! | Urteil: bisherige Erbschaftsteuer mit unterschiedlichen Steuersätzen ist grundgesetzwidrig | Deutschland noch immer ohne Verfassung: Kommentar zu Art. 146 GG (interne Links)

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