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Renate Künast läßt grüßen: bald auch Planpreise für Lebensmittel?

Neben der Einführung administrierter Preise im Energiegewerbe wurde vom Bundeskabinett gestern auch die Einführung von Mindestpreisen bei Lebensmitteln beschlossen - was nach Inkrafttreten der Neuregelung einen Preissprung in vielen Billigmärkten bedeuten könnte. Dies aber ist dezidiert unsozial, denn es trifft die Geringverdiener mit einer hohen Konsumquote viel härter als Wohlhabende mit einer hohen Sparquote. Der Vorschlag ist indes nicht neu: die ehemalige grüne Landwirtschaftsministerin Künast hatte schon im Jahre 2003 Festpreise für Lebensmittel gefordert. Diesen Plan setzt Frau Merkel nun zumindestens teilweise um.

So sollen die Kartellbehörden künftig durch Testkäufe überprüfen können, ob Waren unter Einstandspreis veräußert werden und im Verdachtsfall einschreiten können. Indirekt bedeutet die Regelung aber, daß die in Verdacht des Preisdumpings geratenden Unternehmen dann auch ihre Kalkulation offenlegen müssen. Auch hier also wiederum ein Eingriff in die Preishoheit der Unternehmen.

Begründet wird die Maßnahme mit der Beschränkung der Macht großer Handelsketten, die mit Preis- und Rabattschlachten die kleinen Händler aus dem Markt drängen. Insofern ist die Regelung aber auch nicht neu, denn schon jetzt ist Unternehmen mit "überlegener Marktmacht" verboten, Waren unter Einstandspreis zu verkaufen (§20 Abs. 4 Satz 2 GWB). Die schon bestehende Vorschrift wird also lediglich auch auf den "gelegentlichen" Verkauf unter Einstandspreis ausgeweitet.

Dabei besteht schon bisher ein umfangreiches Instrumentarium gegen marktbeherrschende Unternehmen, das man freilich auch anwenden muß. Das freilich ist erheblich schwieriger geworden seit im Sommer 2005 das neue Kartellrecht im BGBl erschienen ist, denn war die alte Fassung des Gesetzes klar und eindeutig, verbietet die neue eurosklerotische Gesetzesversion nur noch allgemein mit dem Wortlaut des Art 81 Abs. 1 EGV "Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken" (§1 GWB). Worin die genau bestehen ist indes oft viel unklarer als früher.

Obwohl die Neuregelung kurzfristig die Preise erhöhen dürfte, könnte sie langfristig den Preisanstieg bremsen - wenn sie polypolistische Strukturen aufrecht erhält oder wieder herbeibringt. Dies ist aber insofern zweifelhaft als in anderen Branchen monopolistische Verhältnisse entgegen jedem Wettbewerbsrecht munter fortbestehen: die Käufer von Benzin, Nutzer von Software oder Verbraucher von elektrischem Strom wissen genau, was ich meine. Auch hier hat das Kartellrecht versagt - und in vielen sehr wichtigen Bereichen wie dem Gesundheitswesen werden Kartelle, Staatsmonopole und Zwangspreise nicht bekämpft, sondern gerade durch Reformen erst eingeführt - wie beispielsweise ab 2009 der Festpreis bei der Zwangskrankenversicherung.

Bleibt eine Lehre, die man aus der Gesetzgebungsposse lernen kann: das Kartellrecht ist ein Papiertiger. Es nützt nichts, weil es kaum angewandt wird und Staatsmonopole der verschiedensten Art von den Kartellbeschränkungen ausgenommen sind. Marktwirtschaftliche Strukturen kann man nicht aufrechterhalten, wenn das Wirtschaftssystem in eine Planwirtschaft überführt wird. Auch nicht mit immer neuen Kontroll- und Eingriffsrechten.

Links zum Thema: Wettbewerbsrecht: von der Sowjetunion lernen... | Künasts Pläne zur Preisregulierung: bald Festpreise auch im Einzelhandel? | Neues Kartellrecht tritt endlich in Kraft | Vorausschau auf das neue GWB | Skript zum GWB (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "GWB", "Marktformen", "Marktpreis", "Monopol", "Oligopol", "Polypol", "Preisnachlaß", "Wettbewerb", "Wettbewerbsbeschränkung", "Wert". [Manuskripte]: "GWB.pdf".
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