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Digital Rights Management: der Anfang vom wohlverdienten Ende

Digital Rights Management ist eine wundervolle Sache. Man kann damit sichere Musik verkaufen, sicher davor, auf CD gebrannt oder gar auf einem unlizensierten Abspielgerät unkontrolliert beliebig oft gehört zu werden. Musik, die mit Sicherheit noch mal gekauft werden muß, wenn der User eine neue Hardware kauft, und Musik, die ganz sicher nicht in das technische Format übersetzt werden kann, das der Hörer wünscht. Kurzum Musik, die weiß, wem sie gehört.

Aber auch für den Downloadanbieter ergeben sich unschlagbare Vorteile: so kann er die komplette legal heruntergeladene Musikbibliothek des Anwenders abschalten, wenn er den Abo-Betrag nicht mehr bezahlt - was der entscheidende Schritt in die Abhängigkeitsökonomie ist, denn der Hörer ist künftigen Abopreiserhöhungen hilflos ausgeliefert. Der Kunde als Klient, schöne neue Downloadwelt. Kein Wunder, daß wir alle applaudiert haben, als die Großen der Branche solche Digital Restriction Management Systeme flächendeckend einführten. Doch bald könnte der Applaus noch größer werden, wenn diese Systeme nämlich scheitern. Sie haben schon damit angefangen.

Im Effekt, so die einfache Lehre aus dem DRM-Desaster, hat der Versuch der Musik- und Softwareindustrie, die Nutzer wie Feinde zu behandeln, zu überwachen und zu gängeln, einen mächtigen Schub für die illegalen Webseiten bedeutet. Nie war es so leicht, illegale Downloads zu finden und Softwareinstallationen unerlaubt zu aktivieren, legal, illegal, scheißegal: wenn das offizielle Produkt nur mit dem großen Bruder kommt, und dem Versprechen, nicht lange nutzbar zu sein, dann bleibt man doch bei der alten Schellack-Sammlung, die seit Jahrzehnten spielbar ist, oder eben bei den, ei, inoffiziellen Anbietern. Die dürfen wir an dieser Stelle zwar nicht nennen, unsere diesbezüglichen Vorhersagen scheinen sich aber derzeit zu erfüllen.

Der Todesstoß könnte jetzt von dem Musikgiganten EMI kommen: dort hat man nämlich offenbar eine für diesen Wirtschaftszweig geradezu unerhörte Einsicht besessen und ist dazu übergegangen, DRM-freie Musik anzubieten: MP3s, die beliebig kopiert, auf Abspielgeräte oder Autoradios geladen oder gebrannt werden können, ganz so, wie es das Recht auf Privatkopie des §53 UrhG vorsieht. Wofür im übrigen ja auch schon bezahlt wurde, nämlich in Gestalt der jeweiligen Geräteabgaben.

Konkurrenz belebt das Geschäft, anscheinend selbst in einem so oligopolistischen Markt wie dem der Musikdownload-Anbieter. Nur Microsoft hat das noch nicht kapiert, denn deren neues Betriebssystem Vista® hat keine Sicherheitslücken, sondern ist eine Sicherheitslücke. Auch das könnte daher bald nach hinten losgehen, mit Sicherheit sozusagen.

Dies bringt uns zu der grundsätzlichen Überlegung, die wie üblich in den Mainstream-Medien kaum zu finden ist. Der ursprüngliche Versuche, durch hardwarebezogene Sicherheit das Verhalten des Nutzers total zu kontrollieren und damit die der Hardware des Anwenders präsente Information eigentumsrechtlich abzusichern, ist offenbar auf ganzer Strecke gescheitert. Informationen, so lernen wir daraus, sind ein freies Gut. Sie können nicht, wie materielle Güter, in der Kontrolle und Verfügung des Eigentümers gehalten werden, und zwar um so weniger, je weiter der technische Fortschritt Netzwerke und Übertragungsgeschwindigkeiten verbessert. Wurden einst Bücher mühsam abgeschrieben, werden heute Dateien per Mausklick kopiert. Und das Beste kommt wohl noch: sind dezentrale Ad-hoc-Netze erstmal Standard, gibt es faktisch gar keine Möglichket der Kontrolle mehr. Dafür fürchten sich die Urheberrechtsverfechter wie der Teufel vor dem Weihwasser.

Dies aber ist ein Naturprinzip, denn (genetische) Informationen tragen die Evolution des Lebens. Die Weitergabe (und nicht der Schutz) des Genoms ist damit der letzte Zweck menschlichen und tierischen Handelns. Dies bildet die Technik dem Prinzip nach ab, indem sie die Daten, die die kulturell-technische Evolution der Menschheit tragen, ebenfalls weitergabefähig gestaltet. Sie dann aber einsperren und kontrollieren zu wollen, ist ein dem Grundprinzip des Lebens genau entgegengesetzter Ansatz.

Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen die Natur höher schätzen als ihre eigene biologische Art. Wirklich von der Natur zu lernen, sind wir aber immer noch nicht bereit. Bis wir möglicherweise vom Markt dazu gezwungen werden, denn kein widersinniges Konzept kann lange gegen Natur- und Marktkräfte aufrecht erhalten werden, auch nicht das des immer schärferen Urheberrechts.

Links zum Thema: Gratisangebote, DRM und Opportunitätskosten: Auf dem Weg in die Abhängigkeitsökonomie | Die Rache der Bockwurst, oder von der Systemkrise der Softwareindustrie | Riesen-Sicherheitsloch in Windows® Vista®? | TCPA: Auf dem Weg in die totale Kontrolle | TCPA: Eine Prognose des Scheiterns | Dichloro-diphenyl-trichloro-ethane, oder von der Rückkehr der Menschlichkeit | Die Buchhaltung unter Vormundschaft, oder von harten Sitten im Softwaregewerbe | Heimliche Spuren: werden Sie von Ihrem Drucker ausspioniert? (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Digital Rights Management", "Kryptographie", "Lizenz", "Lizenz bei Software", "Produktrechtschutz", "Signatur", "Software", "Trust Center", "Trusted Computing", "Urheberrechtschutz". [Manuskripte]: "BDSG.pdf", "Datenschutz und Kryptographie.pdf", "Datenschutz und Sicherheit.pdf", "Recht Produktion.pdf", "Software im Unternehmen.pdf".
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