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BilMoG: Neuregelung der Bilanzierung der immateriellen Vermögensgegenstände

Im Zusammenhang mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wird voraussichtlich ab 2009 das bisherige längst veraltete Aktivierungsverbot für unentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des §248 Abs. 2 HGB endlich in eine Bilanzierungspflicht für solche Wirtschaftsgüter umgewandelt – wenn das BilMoG nicht wieder dem Gesetzgeber im Rohr steckenbleibt, wie schonmal am Ende der Schröder-Regierung. Wir schauen uns trotzdem schonmal an, was da auf uns zukommt:

Grundlegend wird am Vorbild des IAS 38 eine Aktivierungspflicht für Entwicklungskosten eingeführt, die sowohl die Bildung selbständiger immaterieller Wirtschaftsgüter als auch die Einbeziehung in die Herstellkosten anderer Vermögensgegenstände umfaßt. Für Forschungsaufwendungen bleibt es aber, wiederum wie schon in IAS 38, beim bekannten Aktivierungsverbot, und für Marketinganstrengungen auch. Es gilt also ab 2009, die Entwicklung von Forschung, Vertrieb und Verwaltung abzugrenzen. Das mag bei den Vertriebs und Verwaltungsaufwendungen relativ unproblematisch sein; bei der Forschung muß man sich klarmachen, daß Forschung in der Suche nach Erkenntnissen besteht, Entwicklung hingegen in der Suche nach Anwendungen. Diese u.a. auch in IAS 38 genau dargestellte Abgrenzung muß also zu einer neuen Organisationsrichtlinie werden, um die Aktivierungspflicht reibungslos in den Prozeßablauf zu integrieren. Die Neuregelung kann man folgendermaßen grundlegend zusammenfassen:

Aktivierung als immaterieller Vermögensgegenstand
ForschungEntwicklungWeiterentwicklungVertrieb
HGBVerbotVerbot; neu: PflichtVerbot; neu: PflichtVerbot
IAS 38VerbotPflichtPflichtVerbot
Einbeziehung in die Herstellungskosten anderer Vermögensgegenstände
ForschungEntwicklungWeiterentwicklungVertrieb
HGBVerbotVerbot; neu: PflichtWahlrecht; neu: PflichtVerbot
IAS 38VerbotPflichtPflichtVerbot

Einige Beispiele können die neue Situation illustrieren. So gehören beispielsweise schon bisher gemäß IAS 38 und ab 2009 nach der voraussichtlichen handelsrechtlichen Neuregelung auch in HGB-Abschlüssen zu den Forschungsaufwendungen:

  • Aufwendungen im Zusammenhang mit der Suche nach grundlegenden Naturgesetzmäßigkeiten,
  • Machbarkeitsstudien (als spezielle Marktforschung), die die grundsätzliche Realisierbarkeit bestimmter Produktkategorien oder Leistungsarten bewerten,
  • Suche nach neuen Materialien, Verfahren, Sicherheitstechniken.

Diese Dinge unterliegen weiterhin einem Aktivierungsverbot. Sie sind also auch weiterhin erfolgswirksam zu behandeln. Einer Aktivierungspflicht werden hingegen die folgenden Entwicklungsaufwendungen unterliegen:

  • Gebühren des Patent- und Markenamtes für die Eintragung von Schutzrechten,
  • Entwürfe und Konstruktionsaufwendungen für bestimmte Produkte,
  • Personalaufwendungen für Probanden, Testpersonen usw.,
  • Bau und Test von Prototypen,
  • Bewertung konkreter Alternativen bei Produktgestaltung oder Wahl technischer Grundlagen oder Realisierungsmethoden,
  • Aufwendungen zur Herbeiführung der Serienreife,
  • Aufwendungen für Pilotanlagen, Prüfstände und ähnliche Testeinrichtungen,
  • Auftragsforschungsleistung Dritter, wenn dabei ein konkretes, für bestimmte Produkte oder Leistungen nutzbares Ergebnis erzielt wurde.

Diese sind jedoch von Aufwendungen für Vertrieb und Verwaltung abzugrenzen, die ebenfalls weiterhin nicht aktivierungsfähig sind, also nach wie vor erfolgswirksam behandelt werden müssen. Beispiele hierfür sind:

  • die allgemeine Marktforschung,
  • spezielle Marktforschung beispielsweise hinsichtlich Kundenzufriedenheit, Produktsicherheit (z.B. im Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement),
  • Untersuchungen von Produkten der Mitbewerber.

Ein Beispiel demonstriert die neue Vorgehensweise grundsätzlich:

Ein Unternehmen errichtet ein Internet-Portal für Direktbestellungen. Dies wird als neuer Vertriebsweg geplant. Die Geschäftsleitung gibt zunächst eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Dann werden Soft- und Hardwareanforderungen definiert und die Entwicklung der eigentlichen Web-Anwendung in verschiedenen Programmiersprachen wie z.B. PHP, SQL und PERL wird durchgeführt. Zudem werden zahlreiche Grafikobjekte für die Web-Oberfläche von Grafikern entworfen und als GIF-Elemente und Flash-Animationen bereitgestellt. Zugleich wird die Anbindung an das vom Unternehmen schon länger benutzte ERP-System entwickelt, um die Kundenbestellungen direkt aus der Webseite heraus buchen und abwickeln zu können. Schließlich werden Vertriebsmitarbeiter und Mitarbeiter im Rechnungswesen in der Anwendung des neuen Systems geschult.

Die Machbarkeitsstudie fällt vor der eigentlichen technischen Realisierung an. Sie ist daher eine Forschungsaufwendung und erfolgswirksam als Aufwand zu erfassen. Die Definition der Soft- und Hardwareanforderungen, die eigentliche Programmierung und grafikmäßige Gestaltung sowie die Entwicklung der Anbindung an die bestehende Buchführung sind Entwicklungsaufwendung. Sie wären nach altem Handelsrecht ebenfalls Aufwendungen, sind aber nach IFRS und nach neuem Handelsrecht als Herstellungskosten eines immateriellen Vermögensgegenstandes „Web-Portal“ zu aktivieren. Die Mitarbeiterschulungen schließlich entstehen erst nach der Entwicklung und sind wiederum rein erfolgswirksam zu erfassen.

Naturgemäß entstehen hier eine Vielzahl neuer Fragen und Probleme, auf die die Unternehmen sich rechtzeitig einstellen sollten um beim Inkrafttreten des BilMoG nicht überrascht zu werden. Auf einige dieser offenen Fragen werden wir in der nächsten Zeit an dieser Stelle im einzelnen eingehen.

Update: Dieser Artikel erschien ursprünglich im Jahre 2008 und reflektiert den damals aktuellen Stand der Debatte. Die 2009/10 in Kraft getretene endgültige Version des BilMoG enthält keine Aktivierungspflicht mehr in §248 Abs. 2 HGB, wie ursprünglich geplant, sondern ein Aktivierungswahlrecht. Die Einzelheiten finden Sie hier.

Links zum Thema: BilMoG: Übersicht über geplante Neuregelungen im Handelsrecht | Skript zum Jahresabschluß nach HGB | Skript zur Rechnungslegung nach IAS/IFRS (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Forschung und Entwicklung", "Forschungs- und Entwicklungsaufwand", "Eventualverbindlichkeiten", "Forschungs- und Entwicklungs-Controlling", "immaterielle Vermögensgegenstände". [Manuskripte]: "Buchführung Abschlüsse.pdf", "Buchführung Geschäftsbuchungen Skript.pdf", "Einführung in das REWE.pdf", "IAS.pdf".
Diese Hinweise beziehen sich auf die zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels aktuelle Version der BWL CD. Nicht alle Inhalte und nicht alle Stichworte sind in älteren Fassungen enthalten. Den tagesaktuellen Stand ersehen Sie aus dem Inhaltsverzeichnis oder dem thematischen Verzeichnis.


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