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»Die Bahn kommt«, oder was wir aus dem Eisenbahnerstreik lernen können

Wer heute morgen mit dem Zug ankommen wollte, kam meistens gar nicht an, hatte dafür aber genug Zeit, über den Streik im besonderen und die deutsche Verkehrspolitik im allgemeinen nachzudenken. Während wir hier zu dem eigentlichen Tarifkonflikt keine Stellung beziehen wollen, denn das ist nur Sache der Tarifpartner, kann man aus dem Streik als solchen doch eine Menge lernen:

So können die drei bei der Bahn AG konkurrierenden Gewerkschaften nur deshalb die Nation mit Totalstillstand erpressen, weil es für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel in Deutschland kaum Alternativen gibt, denn sie können nicht auf andere Verkehrsträger ausweichen. Der Flugverkehr einerseits ist nur für die mittleren Strecken geeignet, etwa zwischen den Ballungsräumen, nicht aber für den Nahverkehr - und einen Linienbusverkehr gibt es vielerorts nicht. Das aber verwundert.

Da wir nun genug Zeit auf dem Bahnsteig verplempern, tun wir was Sinnvolles und schlagen die Gesetzessammlung auf, die wir ja gewiß immer in der Aktentasche bei uns haben. Dort fällt uns natürlich gleich das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in die Hände, sehr zeitgemäß am heutigen Streiktag. Dort lesen wir zunächst in §2 Abs. 1 PBefG, daß wer Personen mit Straßenbahnen, Bussen, Kraftfahrzeugen im Linienverkehr oder Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr befördern will, einer Genehmigung bedarf. So weit, so gut. Spannend wird es aber erst einige Hausnummern weiter, zum Beispiel in §13 Abs. 2 PBefG: dort lesen wir nicht nur, daß die Genehmigung zu versagen ist, wenn schon Verkehrsmittel bestehen, sondern auch, daß es keine Genehmigung für Strecken gibt, die die Eisenbahn fährt oder auch nur zu fahren beabsichtigt.

Das allerdings verwundert in einem Staat, der noch den Anspruch erhebt, eine Marktwirtschaft zu sein: Konkurrenz zwischen Verkehrsunternehmen ist ebenso unerwünscht wie zwischen Verkehrsträgern. Hohe Preise und Staatsmonopole sind offenbar noch immer das verkehrswirtschaftliche Leitbild, also der Verteilungsstaat. Kein Wunder also, daß das PBefG dann auch staatlich genehmigte Zwangspreise und Beförderungspflichten regelt, alles natürlich sehr marktwirtschaftliche Instrumente.

Dabei gäbe es eine Vielzahl kreativer Ideen, den Bahnstillstand zu umgehen: Linienbusse beispielsweise, die nicht von der Bahn betrieben und damit auch nicht bestreikt wären. Die hätten auch den Vorteil, überall in der Stadt halten zu können, so daß die entnervende Parkplatzsuche am Bahnhof entfällt. Oder Sammeltaxen, die ohne Fahrplan losfahren, wenn sie voll sind: heute müßte man wohl kaum lange warten. Oder Gelegenheitsbusse, die man anrufen kann und die ebenfalls nur bei Bedarf fahren - heute hätten die Großkampftag. Das alles sind übrigens Konzepte, die es in vielen anderen Ländern schon seit vielen Jahren gibt. Nur nicht in Deutschland, in der Pseudo-Marktwirtschaft. Selbst Länder wie Uganda oder Indien haben einen besser organisierten Nahverkehr...

So zeigt der Eisenbahnerstreik nicht nur exemplarisch, wie drei Gewerkschaften, die untereinander in ihren Forderungen noch nicht mal einig sind, eine ganze Nation als Geisel halten können, sondern auch, welche Folgen die Abhängigkeit von Kollektivsystemen haben kann. Das aber ist übertragbar, zum Beispiel auf die diversen Kollektivsysteme in den Zwangsversicherungen, die ebenso planwirtschaftliche funktionieren wie die Scheinmarktwirtschaft auf der Schiene.

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