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Bundesregierung plant Auflage einer 50jährigen Anleihe

Kürzlich berichteten die Medien, daß die Bundesregierung die Auflage einer 50jährigen Staatsanleihe plane. Wie so oft lohnt auch hier ein Blick in die Vergangenheit, denn wer aus der Geschichte nichts lernt ist bekanntlich dazu verdammt, sie zu wiederholen.

Bei einer Anleihe zahlt der Investor dem Emittenten, etwa einem großen Unternehmen oder hier dem Bund, eine Summe Geldes, die verzinst wird. Die Anleihe wird daher auch als festverzinsliches Wertpapier bezeichnet. Am Ende der festen Laufzeit wird der Schuldbetrag in einer Summe zurückgezahlt. Da die ANleihe kein Mitspracherecht vermittelt (sondern den Anleger zum Gläubiger der Rückzahlung macht), nennt man sie auch Gläubiherpapier. Eine Ausgabe am Emissionstermin unter Nennwert (Unterpari-Emission) und ein Rückkauf bei Fälligkeit über Nennwert erbringen eine zusätzliche Verzinsung und sind auf Seiten des Emittenten als Rechnungsabgrenzungsposten zu bilanzieren. Beim Sonderfall des Zero-Bond erfolgt keine jährliche Verzinsung, aber dafür eine Emissison weit unter Nennwert. Bei sogenannten Losanleihen erfolgt die Rückzahlung nach dem Zufallsprinzip

Zwangstaatsanleihe von 1922Anleihen dienten oft der Deckung des staatlichen Finanzhungers, wenn weitere Steuererhöhungen nicht mehr möglich waren. Bisweilen geschah das auch unfreiwillig: so wurde die nebenstehende Staatsanleihe von 1922 (größeres Bild) zwangsweise emittiert, d.h., die Leute mußten sie zeichnen. Kriege wurden so finanziert, oder auch die zugehörigen Reparationszahlungen - wie im vorliegenden Fall die Deutschland im Zwangsfrieden von Versailles aufgelegten Zahlungen. Auch wenn derzeit keine bewaffnete Auseinandersetzung ansteht liegt doch auf der Hand, daß man offensichtlich die finanziellen Belastungen der gegenwärtigen schweren Wirtschafts- und Sozialkrise mit Fremdkapital finanzieren will, vermutlich weil man langsam eingesehen hat, daß eine weitere Belastung der Menschen nicht mehr möglich ist. Durch die geplante lange Laufzeit von 50 Jahren nimmt man aber eine schwere Hypotheke auf die Zukunft auf.

Es lohnt daher, aus der Geschichte zu lernen. Im nebenstehenden Beispiel sollte nämlich die Anleihe zunächst bis 1925 zinsfrei sein und dann jeweils im Mai und November verzinst werden, mit anfangs 4% und später 5% - über insgesamt fünfzig Jahre. Hier aber lohnt ein zweiter Blick in die Geschichte...

Coupon zur Zwangstaatsanleihe von 1922Die Tilgung und Verzinsung sollte nämlich mit Hilfe von sogenannten Coupons erfolgen, also Scheinen, die der Inhaber abschneiden und gegen Erhalt der Zahlung einreichen mußte. Der erste zu diesem Papier gehörende Coupon (nebenstehend, größeres Bild) stammt aus dem Mai 1926 und ist immernoch vorhanden. Er wurde also niemals eingereicht. Warum? Ein Blick in die Geschichtsbücher lehrt, daß 1922/23 die große Inflation den einst hohen Wert von 1.000 Reichsmark vollkommen entwertete. Grund hierfür war, daß man versuchte, den Zwangsfrieden von Versailles durch den Druck von Banknoten zu bezahlen - bekanntlich ein furchtbarer Fehler, denn das katastrophale Ereignis der Hyperinflation, das den Mittelstand enteignete und später für die Nazi-Propaganda empfänglich machte, enteignete also auch die Anleiheinhaber. Außer Spesen nix gewesen, schon vor über achtzig Jahren.

Besonders bedenklich ist hier, daß genau das Problem, was man mit der Anleihe lösen wollte, die Anleihe letztlich entwertete, also die Anleger vom Staat betrogen wurden. Auch diesmal haben wir wieder eine massive Wirtschaftskrise, bei der Maastricht eine wesentliche Rolle spielt, und das ist, wie einige sagen, wie Versailles ohne Krieg. Wieder versucht eine Regierung, Liquiditätsprobleme mit Anleihen zu lösen, wobei derzeit (noch?) nicht über eine Zweangsanleihe nachgedacht wird, jedenfalls nicht laut und vernehmbar. Was die Folgen sind, und ob die Anleger ausgezahlt werden, bleibt abzuwarten. Mißtrauen ist aber angebracht, oder, politisch korrekter gesagt, Risikoscheu.

Links zum Thema: Der Finanzkollaps, und was dagegen getan wird | Soll ein Krieg das Finanzsystem retten? (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Anleihen", "Emission", "Finanzierungsarten", "Schuldverschreibungen".
[Manuskripte]: "Finanzierung Skript.pdf", "Investition Skript.pdf", "VWL Skript.pdf".
Diese Hinweise beziehen sich auf die zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels aktuelle Version der BWL CD. Nicht alle Inhalte und nicht alle Stichworte sind in älteren Fassungen enthalten. Den tagesaktuellen Stand ersehen Sie aus dem Inhaltsverzeichnis oder dem thematischen Verzeichnis.


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