Im Gedenken an Harry Zingel (✟ 12. August 2009) ..... Alle Dokumente stehen ab sofort zum freien Download zur Verfügung (Redaktionsstand: letzte BWL CD 8/2009) .... Finanziert wird das Projekt via Google AdSense ... Achtung: Es erfolgt keine Aktualisierung der Inhalte ... Es besteht kein Recht auf Support in jeglicher Hinsicht ... Ich wünsche euch trotz alledem viel Erfolg mit der neuen alten BWL CD!!!

Der kostenlose Newsletter
der BWL CD
© Harry Zingel 2001-2009
BWL Mehr wissen,
mehr können,
mehr sein!
Startseite | Copyright | Rechtschreibung | Link mich! | Impressum | Blog

Spekulationssteuer verfassungswidrig - wegen mangelhafter Kontrollen!

Nach einem heute verkündeten Urteil des Verfassungsgerichtes in Karlsruhe ist die Steuer auf Spekulationsgewinn in den Jahren 1997 und 1998 verfassungswidrig. Steuerpflichtige, deren Bescheid noch nicht rechtskräftig ist, können nunmehr eine Rückzahlung beanspruchen. Für die Folgezeit, so das Gericht, sei die Steuer jedoch rechtswirksam.

Hier ist zunächst interessant, daß das Gericht die Verfassungswidrigkeit mit einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG begründet, denn mangelnde Kontrollen hätten dazu geführt, daß insgesamt eine Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen eingetreten sei. Diese mache die Steuer insgesamt verfassungswidrig. In 1997 und 1998 betrug die Spekulationsfrist des §23 Abs. 1 Nr. 2 EStG nur sechs Monate, d.h., lagen zwischen Kauf und Wiederverkauf von Wertpapieren mehr als 6 Monate, konnte der Gewinn steuerfrei eingestrichen werden. Diese Frist wurde von der Schröder-Regierung 1999 auf ein Jahr angehoben (bei Grundstücken nunmehr 10 Jahre). Dies läßt den Finanzbehörden genügen Zeit zu Kontrollen, so daß die Steuer seit 1999 verfassungskonform ist.

Im wesentlichen bringt also die Fristverlängerung auf ein Jahr die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung mit sich - nach Auffassung der Richter. Nicht beantwortet hat das Gericht die Frage, wieso überhaupt eine Geschäftsart - Wertpapier- und Immobilienspekulation - mit zum Teil beträchtlichen Gewinnerwartungen unbesteuert bleiben soll, denn das ist sie ja bis heute, wenn nur die Mindestfristen eingehalten werden. Die Frage, wie sich das mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verträgt, ist ungeklärt. Interessant wäre auch, weshalb nur diejenigen, die noch einen nichtabschließenden Bescheid über die damalige Besteuerung in den Händen haben, eine Rückforderung stellen können, aber nicht die, deren Verfahren schon abgeschlossen ist. Schafft dies nicht neue Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten? Schließlich wäre auch interessant zu überlegen, weshalb das Urteil erst jetzt ergeht, nach sechs Jahren: ist der "nur" der bekannte Beamtengalopp, oder sollten erst möglichst viele Verfahren abgeschlossen werden, um die Rückzahlungsverpflichtungen des Fiskus zu minimieren?

In der Summe zeigt der Vorgang die Unreformierbarkeit und systemimmanente Ungerechtigkeit des deutschen Steuerrechts schlaglichtartig auf. Immer komplexere, immer unübersichtlichere Regeln kann man nicht mehr mit dem Gleichheitsgrundsatz glätten, sondern nur noch mit der Abschaffung totalsanieren. So gesehen sind die Rufe nach einer radikalen Systemreform grundsätzlich zu begrüßen, aber bis zum Beweis des Gegenteiles keineswegs glaubwürdig, denn der parasitäre Staat profitiert von der Unkenntnis des Steuerpflichtigen ebenso wie von der Langsamkeit seiner Verfassungsrichter. Es bleibt also vermutlich alles beim Alten: Weiterwursteln wie bisher.

Links zum Thema: Ist die Erhöhung der Tabaksteuer verfassungswidrig? | Deutschland noch immer ohne Verfassung: Kommentar zu Art. 146 GG (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Gewinne aus Spekulationsgeschäften".
[Manuskripte]: "AO Skript.pdf", "AO und GG.pdf", "Steuerrecht.pdf".
Diese Hinweise beziehen sich auf die zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels aktuelle Version der BWL CD. Nicht alle Inhalte und nicht alle Stichworte sind in älteren Fassungen enthalten. Den tagesaktuellen Stand ersehen Sie aus dem Inhaltsverzeichnis oder dem thematischen Verzeichnis.


© Harry Zingel 2001-2008
Im Gedenken an Harry Zingel, ✟ 12. August 2009
Zurück zur Hauptseite: http://www.bwl-bote.de