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Was ist der deutsche Corporate Governance Codex?

Derzeit wird unter dem Titel "German Governance Codex" ein neuartiges Regelwerk entwickelt, das sich an börsennotierte Kapitalgesellschaften richtet und eine an international anerkannten Standards ausgerichtete Richtlinie der guten und verantwortungsbewußten Unternehmensführung werden soll. Neben Empfehlungen für "gute" Managementpraxis enthält der Text auch eine Festlegung auf internationale Rechnungslegungsstandards und True and Fair View Presentation. Was also kommt da auf und zu?

Aktionäre und Hauptversammlung

Das derzeit im Entwurf vorliegende Regelwerk verbietet Mehrstimmrechte ("golden shares") und legt Details des Prozedere der Hauptversammlung fest.

Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat

Vorstand und Aufsichtsrat sollen "zum Wohle des Unternehmens" zusammenwirken. Gute Unternehmensführung, so heißt es, setzt Offenheit und Verantwortlichkeit voraus. Der Abschnitt enthält Schadensersatzvorschriften bei Pflichtverletzungen und die Regelung, daß Kredite an Vorstandsmitglieder genehmigungspflichtig sein sollen. Bei einem Übernahmeangebot solle eine Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat abgegeben werden, so daß die Aktionäre sich ein Bild machen können - aktuell angesichts des gestern im Bundesanzeiger veröffentlichten Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG).

Vorschriften für den Vorstand

Neben den allgemeinen Grundsätzen werden hier so intensive Dinge geregelt wie daß die Vergütung der Vorstandsmitglieder sich an der Leistung orientieren soll, fixe und variable Bestandteile haben sollte und an den Unternehmenserfolg gekoppelt sein muß. Besonders interessant ist auch der Abschnitt über Interessenkonflikte, in dem Nebentätigkeiten verboten werden und bei Interessenkonflikten eine Offenlegungspflicht dem Aufsichtsrat gegenüber angeordnet wird. Hier wird vielleicht am besten deutlich, was die Regierungskommission unter gutem Management versteht!

Regelungen über den Aufsichtsrat

Auch hier ist der Abschnitt über Vergütung und Zusammensetzung am interessantesten. So soll jedes Aufsichtsratsmitglied sicherstellen, genügend Zeit zur tatsächlichen Wahrnehmung der Aufsichtsratsarbeit zur Verfügung zu haben und niemand soll mehr als fünf Aufsichtsratsmandate auf sich vereinen - eine Regelung, die man besonders in der Politik gut nachlesen sollte. Auch daß Interessenkonflikte dem Aufsichrstatsvorsitzenden gegenüber offengelegt werden müssen, Berater- und Dienstleistungsverträge von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft genehmigungspflichtig sind der Aufsichtsrat die Effizienz seiner Tätigkeit überprüfen soll, sind Beispiele für wirklich gute aber leider auch nicht ganz häufige Managementpraktiken.

Transparenz

Hier finden sich Vorschriften wie die Pflicht zur Veröffentlichung neuer Tatsachen, die geeignet sind, die Vermögens- oder Ertragslage zu beeinflussen, oder den Erwerb von Anteilen über jeweils bestimmte Mindestgrenzen hinweg. Die Gesellschaft soll alle Aktionäre gleich behandeln und zur zeitnahen und gleichmäßigen Information das Internet benutzen. Informationen, die nach ausländischen Regelungsquellen bekanntgegeben werden, sollen auch im Inland veröffentlicht werden. Auch über Derivatgeschäfte und Aktienbesitz der Organmitglieder wird eine Berichterstattungspflicht eingeführt.

Rechnungslegung und Abschlußprüfung

Hier fällt besonders auf, daß gleich zu Anfang international agierende Unternehmen auf die internationale Rechnungslegung verpflichtet werden - die Pläne der EU hinsichtlich IAS werden hierbei wohl vorweggenommen. Konzernabschlüsse sollen binnen 90 Tagen und Zwischenabschlüsse in 45 Tagen öffentlich bekanntgemacht werden - Fast Close also jetzt auch in Deutschland. Auch über Drittunternehmen, die nicht unwesentliche Anteile halten, sowie über Beziehungen zu Aktionären, die gemäß den Rechnungslegungsvorschriften als nahestehende Personen zu bezeichnen sind, soll eine Offenlegungspflicht eingeführt werden.

Fazit

Das deutsche Handelsrecht ist seit Langem renovierungsbedürftig. Offensichtlich nimmt man das jetzt behutsam in Angriff - und geht bei der Gelegenheit gleich daran, die Wirtschaft auf eine Art von Ethik zu verpflichten, die man in der Politik oft vermißt. Es wäre schön, wenn die Einhaltung solcher Regelungen zu einem Wettbewerbsvorteil werden würde - das wäre nämlich eine ideale Ergäntung zu ISO 90000, Total Quality Management und ähnlichen Regelwerken, die sich in den letzten Jahren durchgesetzt haben. Besonders angenehm fällt auch auf, daß hier nicht mit obrigkeitsnaher Gesetzeslyrik normiert wird, sondern in modernem, klar verständlichem Deutsch der hinter den Paragraphen steckende Grundgedanke verdeutlicht wird: ein neuer Stil in der Politik?

Die Regierungskommission wurde am 06.09.2001 von Bundesjustizministerin Prof. Herta Däubler-Gmelin eingesetzt und nimmt noch bis zum 18. Januar 2002 Vorschläge zur endgültigen Gestaltung des Textes entgegen, der dann alsbald erscheinen soll.

Link zum Thema: Deutscher Corporate Governance Codex.


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