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Deutschland am 9. November: vom Untergang des Liberalismus

Der Liberalismus ist die philosophische und in der Folge auch politische Geisteshaltung, die das Individuum in den Mittelpunkt stellt und gesellschaftliche Austauschprozesse primär als Marktprozesse ausgestalten will. Staatliche Eingriffe, so ein Kerngedanke des Liberalismus, seien eher schädlich und sollten nur dazu dienen, Freiheit und Selbstbestimmung aufrecht zu erhalten. Heute aber befindet sich der Liberalismus in seiner vermutlich schwersten Krise. Der 9. November, bekanntlich ein Schicksalstag der Deutschen, ist ein guter Zeitpunkt darüber nachzudenken, was aus dem einstigen liberalen Gedankengut geworden ist.

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Liberalismus ist pluralistische Demokratie!

Der in der Aufklärung wurzelnde Liberalismus begründet die Befreiung von Ideologien aller Art. Die Herrschaft von Gottes Gnaden wird ebenso durch den Liberalismus überwunden wie die vielen totalitären Ideologien der letzten beiden Jahrhunderte. Ein konsequent durchgeführter Liberalismus kann nur eine pluralistische Demokratie mit viel Selbstverantwortung und wenig oder keinem Zwang sein. Leider haben sich die einst großen Hoffnungen auf eine solcherart freie Gesellschaft weitgehend verflüchtigt.

Unser antidemokratisches Zeitalter

Am offensichtlichsten ist das bei der antidemokratischen Organisation Europas, die mit ihren ungewählten Führungspersönlichkeiten eher an einen Neofeudalismus erinnert. Besonders drastisch wurde dies durch die Wiedereinführung der Todesstrafe deutlich, ausgerechnet in der Charta der Grundrechte. Ein Grundrecht auf den Todesschuß, so wie einst in China auf dem Platz des himmlischen Friedens? So weit ist es also mit Europa gekommen: Die großen demokratischen Hoffnungen, die einst gegen Ende der Diktaturen des 20. Jahrhunderts in den Marktliberalismus gesetzt wurden, wurden damit zutiefst enttäuscht. Auch die europäische Einigung, wir erinnern uns, sollte einst neue Kriege in Europa verhindern helfen. Jetzt wird aus Europa eine Diktatur nach chinesischem Vorbild. Aus Freiheit und Marktwirtschaft wurde eine leere Worthülse. Eine scheindemokratische Oberfläche verdeckt zutiefst antidemokratische Strukturen. Wir leben längst wieder in einer neuen Diktatur, nur der Käfig ist noch ein wenig goldener als es frühere Gefängnisse waren.

Aber die Krise des Liberalismus reicht viel tiefer, nämlich bis weit in die Märkte selbst. Sollte nach den Schottischen Moralphilosophen der Markt noch der Ort des Austausches nützlicher Güter sein, also ein Kernstück der pluralistischen Kultur, so dient er heute genau dem Gegenteil, nämlich der Durchsetzung von Rationierung und Verknappung. Damit ist der Markt aber zu einem Herrschaftsinstrument der Mächtigen geworden, denn er dient der Verarmung (und nicht der Versorgung) der Menschen. Der Markt wurde damit zutiefst korrumpiert. Das zeigt sich insbesondere in zwei Bereichen, im Finanzmarkt und beim sogenannten Emissionshandel.

Korrumpierte Märkte

Im Falle des vollkommen absurden Klimascheinhandels wurden Scheinmarktstrukturen errichtet, die in Wirklichkeit der Rationierung dienen. Politisch gewollte Preiserhöhungen, die im Wege der Steuerpolitik vielleicht nicht mehr durchsetzbar wären, werden auf diese Weise scheinbar der Verantwortung der Politik entzogen, die sich immer herausreden kann, es wären ja "die Märkte", die Energie schon wieder noch weiter verteuern. Das jede Satire um Längen schlagende Klimaschwindel-Narrenhaus erfüllt indes seinen Zweck, die wirtschaftlichen Freiheiten der Menschen politisch gewollt einzuschränken, immer besser, denn nur wer betteln muß, braucht die Politik. Wer für sich selbst sorgen kann, braucht keine staatliche Bevormundung. Kaum etwas anderes hat dem Liberalismus so sehr geschadet wie die grüne Rationierung von Energie und Mobilität im Wege von Scheinmärkten.

Damit zutiefst verwoben ist der Finanzmarkt, denn auf ökologistischen Pseudo-Märkten entstehen auch immer derivative Finanzinstrumente und damit neue Spekulationsgeschäfte. Deren gesellschaftliche Schädlichkeit wird jetzt wohl auch dem Letzten klar sein. Hier offenbart sich aber ein tiefgreifendes Mißverständnis, denn der Liberalismus postuliert, daß Gütermärkte gesellschaftlichen Nutzen vermitteln, nicht aber Finanzmärkte. Jedenfalls nicht, wenn sie keine Warenwertpapiere mehr zum Gegenstand haben, sondern nur noch realitätsfreie Finanzwerte. Weniger als 1% der an Börsen gehandelten Werte waren aber zuletzt vor Beginn des großen Einsturzes noch "beißfähig". Der Rest ist nur noch Schein ohne Sein. Auch hier wurden die Märkte korrumpiert, wenngleich auch auf andere Art und Weise.

Der Börentanz als Zeichen der Zeit

Der Bärentanz an den Börsen hat uns etwas zu lehren: heute kann man kein Liberaler mehr sein. Der Liberalismus, der mit Kant, dem Vormärz und eigentlich schon mit der Französischen Revolution begann, kommt heute zu einem unverdienten Ende. Das dafür aber mit Zustimmung des Volkes, das sich gegen Zwangsversicherungen, Festpreise, den Überwachungsstaat und immer mehr Staatseingriffe nicht wehrt. Ganz offenbar sind die Ziele, die in der Zeit der Aufklärung formuliert wurden, selbst für unsere Gesellschaft heute noch zu hoch. Unfreiheit und Gängelung durch die Mächtigen werden bis heute noch immer Freiheit und Verantwortung vorgezogen. Wir wiederholen damit aber ein totalitäres Experiment, das alleine im 20. Jahrhundert in Deutschland zwei Mal gescheitert ist, zuletzt 1989/90. Selbst aus dieser gerade erst vor 19 Jahren zuende gegangenen Epoche haben wir aber nichts gelernt. Unsere Sehnsucht nach einer verlogenen Welt, also unsere Sehnsucht nach Sicherheit, die nur durch Unfreiheit erkauft werden kann, ist stärker als jede Vernunft.

Der Schicksalstag der Deutschen

Der 9. November steht wie kein anderer Tag der deutschen Geschichte für diese beiden Extreme der Freiheit und des Faschismus: kündigte die sogenannte "Reichskristallnacht" am 9. November 1938 den Beginn der totalen Unfreiheit an, so kündete die Maueröffnung am 9. November 1989 vom letzten Ende dieser dunklen Epoche. Aus einem Tag der Schande wurde so ein Datum der Freude. Jetzt aber sind wir auf dem besten Weg, wieder dieselben Fehler erneut zu machen und uns wieder von Freiheit, Demokratie und Marktwirtschaft zu verabschieden. Nur ganze 19 Jahre nach dem Ende der DDR haben wir Freiheit und Marktwirtschaft so weit ausgehöhlt, daß die Staatsplanwirtschaft vielen Menschen wieder als Lösung statt als Problem erscheint. Daß wir dabei die Fehler des 20. Jahrhunderts ein drittes Mal machen, stimmt mich traurig. Es bleibt zu hoffen, daß der Finanzmarktabsturz so drastisch wird, daß wir diesmal rechtzeitig von unseren Sünden bestraft werden. So rechtzeitig, daß wir noch etwas aus ihnen lernen können.

Links zum Thema: Neuer EU-Vertrag: Europäische Union vor der Wiedereinführung der Todesstrafe | Kyoto-Protokoll: Ist der Emissionshandel wirklich ein Marktinstrument? | Strompreise: was es wirklich kostet | Klimaschwindel: Lachgas furzende Kühe und renitent rülpsende Rindviecher... | Klimaschwindel: das schmutzige Geschäft mit der grünen Sklaverei | Neoliberalismus in Deutschland: Eine Bestandsaufnahme (interne Links)


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