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IHK-Fortbildungen: der Anfang vom Ende?

Nachdem in der Herbstkampagne dieses Jahres die ersten Prüfungen im Fortbildungsgang "Geprüfter Technischer Betriebswirt" geschrieben wurden, quoll das Forum für Betriebswirtschaft geradezu über vor Beschwerden. Während der BWL-Bote diese nicht im einzelnen beurteilen kann, und natürlich immer über alle Prüfungen vorher wie nachher gejammert wird, ist die Häufung von Klagen über zu schwere Aufgaben und zu knappe Zeit doch auffällig. Sind so viele Kundenbeschwerden pauschal von der Hand zu weisen? Das traurige Bild, das an dieser Stelle bisweilen gezeichnet wurde, scheint sich erneut zu bestätigen.

Schon länger haben wir an dieser Stelle ja darauf hingewiesen, daß die Industrie- und Handelskammern weder ihre eigene Qualität noch die der Prüfungspoeten im Griff haben. Statt dessen häufen sich die fachlichen Fehler in Prüfungsaufgaben, und ich kann mich des Eindruckes nicht mehr erwehren, daß hohe Durchfallerquoten den Kämmerlingen durchaus gelegen kommen, denn das erhöht die Umsätze der Kammern. Den Umsatz aus Prüfungsgebühren.

Hinzu kommt ein ganz anderer Umstand: nicht zufällig wurde nämlich erst vor wenigen Tagen im Forum eine Umfrage durchgeführt, wie die Fortbildungsteilnehmer ihre Veranstaltungen finanzieren: überraschenderweise kam dabei heraus, daß nahezu alle Befragten Selbstzahler sind. Niemand erhält öffentliche Fördermittel, nicht einer, kaum jemand Unterstützung vom Betrieb. Die Kunden der Kämmerlinge investieren also selbst mehrere Tausend Euro und viele Stunden Arbeit in ein IHK-Zertifikat, das indes immer weniger von ihnen auch wirklich bekommen. Sie setzen also Geld in den Sand, Geld und viel Zeit. Schwere Prüfungen sind dabei nicht an sich das Problem, sehr wohl aber das verbreitet wahrzunehmende Gefühl der Leute, "verarscht" zu werden. Man verzeihe das harte, aber zutreffende Wort: denn sowas geht nie lange gut, auch nicht bei einer öffentlichen Stelle. Stehen die Kammerfortbildungen am Anfang vom Ende?

Es scheint, daß die Fluktuation in den Lehrgängen in der letzten Zeit massiv steigt und die Beteiligung sinkt, auch wenn ich hierüber keine belastbaren bundesweiten Zahlen habe. Der schlechte Ruf der Industrie- und Handelskammern ist indes eine verbreitete Tatsache, die mir schon oft bestätigt wurde. Das alles kann den Kammerstrategen nicht verborgen geblieben sein, zumal sie den Boten eifrig lesen wie ich weiß. Aber anscheinend nichts daraus lernen: so werden ab 2009 zwar wieder Prüfungen mit nur wenigen erlaubten Hilfsmitteln geschrieben, aber niemand scheint über fundamentale Reformen nachzudenken, jedenfalls nicht laut genug, um hörbar zu sein. Das aber wäre dringend nötig.

Ich schlage dem DIHK an dieser Stelle eine Qualitätsoffensive vor, die eine grundlegende Neuordnung der IHK-Fortbildungen umfassen würde. Das ginge meines Erachtens nach ohne jede Änderung an den bestehenden Rechtsverordnungen, also ganz gesetzgeberfrei nur kammerintern, aber nicht ohne die beteiligten Bildungsunternehmen, unter denen nämlich aufgeräumt werden müßte. Und nicht ohne den grundlegenden Willen, ein bestehendes Produkt am Markt zu halten und neu zu etablieren. Der DIHK muß sich entscheiden, ob es weiter Fortbildungen geben soll, und wenn ja wie die plaziert werden, oder ob man diesen Bereich ganz streichen will. In letzterem Falle sollte man das offiziell kommunizieren und es nicht "kalt" durch die Hintertür tun; in ersterem Fall müßte meines Erachtens nach der Wille, als Bildungsanbieter aufzutreten, auch erkennbar sein. Im Moment ist er das anscheinend nicht.

Wohlgemerkt halte ich das an die Industrie- und Handelskammern angebundene System von Fortbildungen im Prinzip für sinnvoll. Die "Verkammerung" der Wirtschaft ist meiner Ansicht nach nicht als solche schlecht, und bietet viele Synergien an der Schnittstelle zwischen betrieblicher Praxis und theoretischer Betriebswirtschaft. Sie gehört, wie auch das System der dualen Berufsausbildung, zu den deutschen Erfolgsmodellen, muß aber, wie jedes Geschäftsmodell, gepflegt werden. Daran mangelt es. Daher läuft das Bildungssystem der Industrie- und Handelskammern derzeit eher kämmerlich, sozusagen. Das aber sollte kein Dauerzustand sein...

Links zum Thema: Forum für Betriebswirtschaft | TBW-Bereich im Forum für Betriebswirtschaft | Betriebswirt oder Bewacher? Unzeitgemäße Gedanken über die Qualität der Industrie- und Handelskammern | Forenumfrage: »wie finanziert Ihr Eure Fortbildung?« | IHK-Prüfungen: die neue »Hilfsmittelliste« (interne Links)


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