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Böse Falle: Die Annuitätenrechnung ohne Annuitätenformel

Prüfungs- und Übungsaufgaben im Bereich der Kreditberechnung sind häufig. Zwar haben wir hier und dort schon auf grundlegende mathematische Zusammenhänge hingewiesen, aber das setzt der Phantasie der Aufgabenausschüsse keine Grenzen. Ganz so, wie auch schon Break Even Rechnungen ohne Mengenangabe aufgetaucht sind, gibt es auch Annuitätenrechnungen, denen mit der bekannten Annuitätenformel nicht beizukommen ist. Und das ist nichtmal der Alptraum jedes Prüfungsteilnehmers, sondern im Bankgeschäft durchaus realistisch. Schauen wir mal etwas genauer hin:

Wie so oft muß man auch bei der Kreditrechnung vorher überlegen welche Rechenmethode man nachher braucht. Die Konstellation der Ausgangsdaten entscheidet darüber, ob man mit der weithin bekannten und vielfach geübten Annuitätenformel an die Sache rangehen muß – oder ob eine viel einfachere Methode zum Ziel führt. Die aber auch viel unbekannter ist. Das wissen auch die Prüfungspoeten...

Betrachten wir mal ein Beispiel: ein Kapitalbetrag in Höhe von 60.000 Euro soll zu einem Zins von 8% p.a. in der Form eines Annuitätendarlehens getilgt werden. Zwei verschiedene Aufgabengestaltungen sind hier möglich: mit der bekannten Annuitätenformel und ohne. Letzteres wird aber oft von Dozenten nicht vermittelt und von Prüfungsteilnehmern nicht beherrscht. Dabei ist es so einfach:

Annuitätenrechnung mit Formel
Kreditlaufzeit: 5 Jahre
 Annuitätenrechnung ohne Formel
Anfängliche Tilgung: 15%
tTilgungZinsSummeSchuld tTilgungZinsSummeSchuld
0   60.000,00 € 0   60.000,00 €
110.227,39 €4.800,00 €15.027,39 €49.772,61 € 19.000,00 €4.800,00 €13.800,00 €51.000,00 €
211.045,58 €3.981,81 €15.027,39 €38.727,03 € 29.720,00 €4.080,00 €13.800,00 €41.280,00 €
311.929,22 €3.098,16 €15.027,39 €26.797,81 € 310.497,60 €3.302,40 €13.800,00 €30.782,40 €
412.883,56 €2.143,82 €15.027,39 €13.914,25 € 411.337,41 €2.462,59 €13.800,00 €19.444,99 €
513.914,25 €1.113,14 €15.027,39 €0,00 € 512.244,40 €1.555,60 €13.800,00 €7.200,59 €
 67.200,59 €576,05 €7.776,64 €0,00 €
60.000,00 €15.136,94 €75.136,94 €  60.000,00 €16.776,64 €76.776,64 € 

Diese Methode ist die sozusagen "traditionelle" Rechenweise, die man in Prüfungen und Lehrbeispielen oft findet. Aus dem Kapitalbetrag und dem Annuitätenfaktor wird die Annuität i.H.v. 15.027,39 Euro berechnet. Für jedes Jahr wird nun zunächst der Zins aufgrund der Restschuld des Vorjahres ausgerechnet. Zieht man diesen von der Annuität ab, so erhält man die Tilgung des jeweiligen Jahres. Die Restschuld des jeweiligen Jahres ist der Schuldenstand des Vorjahres minus der Tilgung des jeweiligen Jahres. Die Rechnung ist richtig, wenn die letzte Restschuld genau null beträgt.

Diese lehrbuchübliche Methode ist nicht immer realitätstauglich. Oft werden nämlich anfängliche Kredittilgungen in Prozent der Gesamtschuldsumme vereinbart. Das führt dazu, daß die Laufzeit des Kredites variiert: je höhere Tilgung desto kürzer die Laufzeit (und natürlich umgekehrt).

 

Sollen beispielsweise im ersten Jahr 15% der Gesamtschuld, also 60.000 x 0,15 = 9.000 Euro getilgt werden, so beträgt die Annuität 13.800 Euro, denn der Zins des 1. Jahres ist ja 60.000 x 0,08 = 4.800 Euro. Für die Folgejahre wird nun einfach von dieser Annuität der jeweilige Zins des Jahres subtrahiert. So erhält man die Tilgung. Zieht man diese von der Restschuld des Vorjahres ab, so erhält man die Restschuld – genau wie links.

Das funktioniert aber nicht mehr im letzten Jahr: hier ist die Restschuld ja nur noch 7.200,59 Euro. Der Zins hierauf ist 576,05 Euro. Die Summe aus beidem macht keine "volle" Annuität mehr aus, sondern nur noch 7.776,64 Euro. Diese Rechenmethode "geht nicht auf". Sie produziert im letzten Jahr i.d.R. einen geringeren letzten Kapitaldienstwert. Die ursprünglich geplante Anzahl der Jahre verändert sich (im Beispiel sechs statt fünf Jahre).

In beiden Fällen beträgt die Gesamttilgung über die gesamte Laufzeit 60.000 Euro. Die Summe der Zinsleistung des Kreditnehmers ist hier selbstverständlich nicht vergleichbar, denn die Laufzeit ist in beiden Fällen ja unterschiedlich. Natürlich steigt aber die Gesamtbelastung des Kreditnehmers mit zunehmender Laufzeit an, aber das ist ja bei jedem Darlehen der Fall: je länger, desto teurer.

Wie sie sehen kommt es auch hier auf die richtige Herangehensweise an. Wer vorher nur die Annuitätenformel paukt hat nachher u.U. keine Chance – obwohl die richtige Lösung eigentlich viel einfacher war. Eine ordentliche Prüfungsvorbereitung ist auch in diesem scheinbar so übersichtlichen Themengebiet noch immer unerläßlich.

Links zum Thema: Das Geheimnis des Annuitätendarlehens, oder was Ihre Bank Ihnen nicht verrät | Noch ein Geheimnis des Annuitätendarlehens: Die Zinsanomalie, oder wenn weniger mehr ist | Von der Magie des Zinstermins: wenn die Bank den Kunden verhext | Wirklich so günstig? Warum Leasing sich nicht lohnt | Formelsammlung der BWL | Darlehens-Rechner für Excel | Leasing-Rechner für Excel (interne Links)

Hinweise auf relevante Inhalte der BWL CD: [Lexikon]: "Annuität", "Annuitätendarlehen", "Annuitätenmethode", "Annuitätentilgung", "Bankkredit", "Darlehen", "Leasing", "Finanzierungsarten". [Manuskripte]: "Finanzierung Skript.pdf", "Formelsammlung der BWL.pdf", "Investition Skript.pdf". [Excel]: "Annuität.xls", "Darlehen.xls", "Interner Zinsfuß.xls", "Leasing.xls".
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